Nachdem mich immer mehr Menschen nach meiner Yogalehrer-Ausbildung fragen, habe ich beschlossen, euch mal einen kleinen Bericht inklusive Bildern zu posten.
Die Vorbereitung
2015 ist mein Jahr des Umbruchs, und zwar in so gut wie jedem Bereich meines Lebens. Ziemlich spontan habe ich am 1.Januar 2015 beschlossen, nach Indien zu fliegen, um dort eine Yogalehrerausbildung zu machen und auf neue Gedanken zu kommen. Meine Kenntnisse im Yoga bis dato: eine ganze Yogastunde… Ich erntete „interessante“ Blicke aufgrund meiner qualitativen Erfahrung im Bereich Yoga, aber meine Freunde und Familie kennen mich ja mittlerweile lange genug. Es war mal wieder Zeit für mich, einfach meinem Bauchgefühl zu folgen. Ab dem Zeitpunkt meiner Entscheidung zu fliegen, flog im wahrsten Sinne des Wortes auch alles auf mich zu. Ich hatte meine Wohnung keine 15min online, da bekam ich einen Anruf von einem Freund, der meine Wohnung für genau diese 8 Wochen zur Zwischenmiete wollte. Ich habe einen sehr günstigen Flug mit Emirates gefunden. Auch die Hürde meiner Chefs, dass ich erst eine Vertretung in meinem Job finden müsse, bevor ich fliege, hat sich schnell in Luft aufgelöst – eine gute Freundin von mir kannte sich in diesem Bereich aus, baute gerade ihre Selbständigkeit auf und war froh über das zusätzliche Geld. Dass sie mich überhaupt so lange haben gehen lassen erscheint mir im Nachhinein wie ein Wunder. Meine Krankenkasse sagte mir zu, dass ich auch während der zwei Monate unbezahlten Urlaubs voll versichert bin. Zusätzlich habe ich noch eine Reisekrankenversicherung abgeschlossen. Ich habe eine tolle Yogaschule in Arambol, Goa gefunden und dort das Teacher Training gebucht. Mein Visum war schon nach 3 Tagen da und so lief irgendwie – fragt mich nicht wie – alles wie am Schnürchen. Getreu dem Motto
“And, when you want something, all the universe conspires in helping you to achieve it.” ― Paulo Coelho, The Alchemist
Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass wir einfach viel öfter „ja“ zu etwas sagen sollten. Meine Meditations- und Deeksha-Lehrerin in Indien sagte mir, es ist, als ob das Universum schreit: „Bitte, ich gebe Dir was Du willst, aber bitte bitte entscheide Dich doch einfach mal für eine Sache“.
Es ist als ob das Universum da stünde, und nicht wisse, welchen Wunsch es uns gerade erfüllen soll. In einem Moment wollen wir einen Obstsalat, dann doch lieber die Schokolade, oh nein, doch einen Kuchen, oder vielleicht sollte ich eigentlich besser eine Diät machen?? Eine klare Entscheidung, ein fester Wille und ein Impuls in die richtige Richtung – und alles fliegt Dir zu und scheinbare Hindernisse lösen sich mit Leichtigkeit auf.
Innerhalb von 1 1/2 Wochen hatte ich also meinen Indienurlaub geplant. Als mich während dieser Zeit ein guter Freund fragte, ob man innerhalb von 2 Wochen einen England-Aufenthalt übers verlängerte Wochenende planen kann, musste ich laut lachen 😉
Mein Yoga Teacher Training war unglaublich schön! Sehr anstrengend, sowohl körperlich als auch mental, und die 35° haben ihren Teil dazu beigetragen, dass ich in den Mittagspausen nicht gelernt, sondern regelmäßig geschlafen habe.
Die Tage waren lang. Um 7Uhr morgens ging es los mit der ersten Yoga-Einheit Hatha oder Vinyasa im Wechsel. Danach Frühstück, Philosophie, Teacher Training, Mittagsessen und -pause, Anatomie, wieder Yoga-Unterricht (Ashtanga und Therapeutic Yoga im Wechsel) und Meditation. Gegen 19Uhr gab es Abendessen und wir alle fielen müde ins Bett. In der letzten Woche waren schriftliche und praktische Examen und ich muss sagen, ohne den Druck der Examen hätte ich die Zeit bestimmt noch mehr genießen können.
Aber es war für mich dennoch die richtige Entscheidung, diese Ausbildung zu machen.
Ich habe unglaublich tolle Menschen kennengelernt, darunter unser Hatha- und Philosophielehrer Yogesh, der früher als Bankmanager gearbeitet hat und mittlerweile sein Leben komplett dem Yoga widmet. Seinen Geschichten hätte ich wochenlang zuhören können. Bei ihm verstand ich, dass Yoga nicht nur ein bisschen „Gymnastik“ ist. Yoga ist eine gesamte Lebensphilosophie.
Es war faszinierend zu sehen, mit welcher Hingabe und Liebe alle unserer Lehrer unterrichteten… Und sogar meine Massagen konnte ich zum Teil am Ende der Yogastunden bei „Shavasana“ (siehe Bild) mit einbauen 🙂
P.S.: Ich habe einen tollen Bericht gefunden, der ziemlich treffend die Hochs und Tiefs während des Teacher Trainings beschreibt. Du findest ihn hier.
Nach dem Teacher Training
Im Anschluss an das Teacher Training bin ich noch alleine für 2 1/2 Wochen durch Indien gereist. Auf dem Plan standen die Ruinenstadt Hampi, die Teeplantagenstadt Munnar, die Küstenstadt Varkala und Cochin. Die Reise war wunderschön und ja, ich bin tatsächlich nicht ausgeraubt oder vergewaltigt worden, nicht mal auch nur ein kleines bisschen. Egal wo ich hinkam wurde ich mit offenen Armen empfangen. Überall wurde ich freundlich angesprochen, viele wollten sich im Gespräch austauschen und waren einfach nur positiv neugierig. Landschaftlich gesehen hat mir Indien auch gefallen, wobei ich sagen muss, dass es an meine Südamerika-Reise nicht herankommt. Indien punktet eindeutig mit den Menschen und der Spiritualität.
Land und Leute
So. Was soll ich sagen? Indien war ein absoluter Traum für mich. Alle Ängste und Sorgen, mit denen ich mich im Vorfeld konfrontiert sah, habe ich mir meines Erachtens umsonst gemacht. Indien ist kein „Land der Vergewaltiger“, im Gegenteil. Ich habe selten so eine Offenheit und Freundlichkeit erlebt wie in diesem Land. Nun muss man auch dazu sagen, dass ich schon einige Reiseerfahrungen habe und keineswegs naiv auf Reisen gehe. Gewisse Regeln sollte man natürlich einhalten (z.B. angemessene Kleidung und nachts nicht alleine durch die Straßen laufen). Achtsamkeit und Respekt sind mehr als angebracht, aber Angst braucht man sich meiner Meinung nach nicht machen lassen. Und um nochmal auf die Vergewaltigungen zu kommen: Ja, natürlich gibt es sie. Aber Indien ist RIESIG. Und wenn dort etwas passiert, tragen unsere lieben Medien natürlich sehr gerne dazu bei, dass wir solch einen schlechten Eindruck davon bekommen. Alle Inder, die ich mit dieser Geschichte konfrontiert habe, waren beschämt von dem schlechten Image ihres Landes und zeigten mir durch ihre freundliche Offenheit, dass alles relativ ist. Vergewaltigungen gibt es schließlich auch im sicheren München.
Und nebenbei: Nach dem Flugzeugabsturz denken in Indien alle, dass die Deutschen alle depressiv sind und sich gegenseitig umbringen. So viel also dazu…
Ich habe die grenzenlose Hilfsbereitschaft der Inder am eigenen Leib erfahren dürfen, als ich in Mumbai kein günstiges Hotel mehr gefunden habe. Ein indischer Businessmann, den ich bereits am Flughafen in Cochin kennengelernt hatte, ließ es sich nicht nehmen, mich mit seinem Chauffeur über eine Stunde durch halb Mumbai zu fahren und Preise in Hotels zu verhandeln (leider war gerade eine Messe, deshalb die teuren Preise, wenn es überhaupt noch Zimmer gab). Als wir nichts gefunden haben, nahm er mich kurzerhand mit zu seinem Meeting, wo ich auch noch zu einem Picknick im Büro eingeladen wurde. Während und nach dem Meeting haben die beiden immer wieder telefoniert und im Internet nach günstigen Hotels geschaut, bis sie endlich eines gefunden haben und mich mitsamt zwei „Bodyguards“ und Chauffeur hinfahren ließen. Dort angekommen schauten sich die beiden „Bodyguards“ um und prüften alles von der Klimaanlage bis zum Fernseher. Anschließend wurde der Chef angerufen, der aus meinem Mund hören wollte, dass das Zimmer in Ordnung sei. Wenn nicht, solle ich das bitte sagen, dann soll ich zurück kommen und wir finden ein anderes Hotel… Wo sonst kann einem so etwas passieren…???
Happy Holi
Ein ganz besonderes Ereignis während meines Indien-Aufenthalts war das Holi-Festival, welches ich in Hampi erleben durfte. Manch einer mag das Festival auch schon aus Deutschland kennen, jedoch mit dem Unterschied, dass in Indien die ganze Stadt feiert, man keine teuren Eintrittkarten kaufen muss und die Menschen auch noch den Ursprung dieses Spektakels kennen. Alles jenseits der Kommerzialisierung und gerade deshalb so autentisch. Vom frühen morgen an hört man Musik und die Menschen trommeln, singen und tanzen. Alle rennen durch die Straßen und bewerfen sich gegenseitig mit Wasserfarben und buntem „Powder“. Die einheimischen Kinder quieken vor Freude, wenn sie auf die Schultern -vor allem- der Touristen dürfen und auch die Frauen waren ab und an draußen vertreten, was mir aufgrund der sonst üblichen Männerdominanz auf den Straßen sehr positiv aufgefallen ist. Warum das Ganze? Das Holi Festival soll an die Gleichheit aller Menschen erinnern. Wir sind alle eins, ganz egal, woher wir kommen, welche Sprache wir sprechen oder welche Hautfarbe wir haben. An diesem Tag sind alle eins: BUNT. Und damit gleich… Hier noch ein kurzes Video, damit ihr euch ein noch besseres Bild machen könnt: Happy Holi 🙂
Info: Aufgrund der neuen Datenschutzverordnung musste ich leider das YouTube Video vorübergehend von meiner Website entfernen. Auf Nachfrage kann ich Dir den Link gerne zukommen lassen. Danke für Dein Verständnis.
Mein Riksha-Führerschein
Ein weiteres Highlight war eindeutig für mich, als mich auf einmal mein Riksha-Fahrer auf meiner Fahrt nach Cochin fragte, ob ich selbst Riksha fahren will. Dass ich auf diese Idee nicht selbst gekommen bin, wundert mich im Nachhinen 😉 Ich sags euch, DAS war ein Spaß!! 🙂
Nicht nur das fahren ansich, sondern vor allem die Gesichter der Inder zu beobachten, als sie registrierten, dass in der hupenden Riksha kein Mann, sondern eine Frau sitzt, und dann auch noch eine nicht-indische, die richtigen Spaß dabei hat 🙂
Frauen fahren in Indien höchstens Moped oder Fahrrad, aber kein Auto und mit Sicherheit keine Riksha. Jedenfalls konnte ich nicht mehr vor Lachen, als mich alle mit einem ungläubigen Lächeln anschauten, als ob sie ihren Augen nicht trauten.
Trotz dieses nicht alltäglichen Anblicks hatten sie sichtlich Freude daran zu sehen, dass mir das Fahren unglaublichen Spaß bereitet hat. Auch wenn es wohl noch lange dauert, bis es in diesem Land wirkliche Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen gibt und sehr viel Armut vorhanden ist: Indien ist ein offenes Land, es ist im Wandel und seine positiven und herzlichen Menschen bestätigten mir das immer wieder.
Andere Menschen haben eventuell andere Erfahrungen mit diesem Land und seinen Menschen gemacht, deshalb beachte bitte, dass es sich bei allen Ausführungen einzig und allein um meine Erfahrungen und meine Meinung handelt.
Wenn ihr noch mehr über meine Reise durch Indien wissen wollt oder Tipps braucht, sprecht mich einfach an oder schreibt mir. Eure Samira 🙂